Die Baumann und Eggimann AG, die sich selbst als «die etwas andere Schreinerei» bezeichnet, setzt sich mit viel Herzblut für das lokale Gewerbe, die Integration von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und die Lehrlingsausbildung ein (vergleich Artikel unten). Dafür erhielt der innovative und sozial engagierte Betrieb in Zäziwil im letzten Herbst den siebten Berner KMU Award verliehen.

Der Familienbetrieb – mit mittlerweile über 50 Mitarbeitenden – wurde 1987 von Roland Baumann in einem Bauernhaus im Emmental gegründet und von ihm bis vor zwei Jahren selbst geleitet, bevor er mit Micha Somandin eine erfolgreiche Nachfolgeregelung sicherstellen konnte. Was in einem Bauernhaus in Obergoldbach im Emmental als kleine Schreinerei begonnen hat, entwickelte sich zu einem renommierten Betrieb für Schreinerarbeiten und die Herstellung von Türen. Der Betrieb ist in zwei Profitcenter eingeteilt. Der Bereich Tür arbeitet ausschliesslich für den Wiederverkauf. «Unsere Stärke liegt insbesondere im Produzieren aller Arten von Türen, im seriellen Anfertigen von Massteilen, Furnieren und Belegen auf Mass», sagt Somandin.
Das Profitcenter Raum betreut den Endkunden. Schreinerarbeiten aller Art werden in der eigenen Produktionswerkstatt in Zäziwil hergestellt. «Wir sind mit der individuellen Planung von Küchen, Bäder, Schränken, Tische, Betten und vieles mehr breit aufgestellt. Alles wird termingerecht auf Mass hergestellt.» Zusätzlich führt das KMU die Regionalvertretung von Hi-Macs. Hinter dieser Marke versteckt sich ein Acrlystein, der bei Labors, Arztpraxen, Küchenabdeckungen, Badmöbel, Duschverkleidungen, Badewannen, Spültischen etc. eingesetzt wird. Als letztes Standbein gehört der Vertrieb des Trinatura Bettsystem, ein Metallfreies Naturbett, dazu.
Der Maschinenpark ist modern und auf dem neusten Stand der Technik. Auf den CNC Maschinen werden die Massteile bearbeitet und dann von Mitarbeitern zusammengebaut und montiert. «Wir zeichnen mit einem 3D Programm die Perspektiven für die Visualisierung der Produkte», erklärt der Fachmann. «Die Digitalisierung nutzen wir, indem wir die Küchen in einem 3D-CAD Programm zeichnen.» Diese Daten werden direkt auf die Maschinen übertragen und können so ohne grosse Zwischenschritte produziert werden. Die Küchenteile werden auf einer horizontalen Zuschnittfräse zugeschnitten und die Kanten mit PU Leim angeklebt. «Unsere Produkte sind individuell, massgefertigt und bestehen aus viel Handarbeit», betont der Chef.
Ausbildung mit Herz und Verstand
Das KMU ist ein engagierter Lehrbetrieb und bildet fünf Lernende in den Berufen Schreiner/ -in EFZ und EBA aus. «Es ist uns wichtig, dass unsere Lehrlinge eine gute Grundausbildung geniessen.» Die jungen Leute erhalten im breitgefächerten Betrieb in viele spezialisierte Bereiche Einblick und können sich ein fundiertes Know-how aneignen. Für Somandin ist die Lehre auch eine Lebensschule. «Werte wie Persönlichkeit, Menschlichkeit, Sozialkompetenz und Leidenschaft für unser Metier sind genauso wichtig wie fachliches Wissen.» Auch die Schreinerbranche spürt den Fachkräftemangel und die Nachwuchsförderung gewinnt an Bedeutung. «Das Rekrutieren neuer, guter Fachkräfte auf dem Markt wird immer schwieriger», weiss Somandin.
Die Einführung eines neuen Bearbeitungszentrums für den Küchenbau im Betrieb, zahlreiche Küchen und Innenausbauten sowie ein Innenausbau am Lago Maggiore in Räuchereiche inkl. Wein- und Whiskykeller, sind nur einige Projekte, die dieses Jahr auf der Agenda des innovativen Betriebs stehen. Nachhaltig wachsen und neue Arbeitsplätze in der Region Zäziwil schaffen, sind langfristig Pläne der Holz- und Türenspezialisten. «Wir wollen Menschen fördern, unseren Betrieb optimieren und dabei die Freude an der Arbeit und die Faszination an unserem Werkstoff zelebrieren.»
Corinne Remund
«Der Mensch steht bei uns im Zentrum»
Der Familienbetrieb in Zäziwil gibt Jugendlichen mit einer Lernschwäche eine Chance, um so mit langsamen Berufseinstieg eine Lehre zu absolvieren.

Die Baumann + Eggimann AG bezeichnet sich selbst als «die etwas andere Schreinerei» und engagiert sich stark im sozialen Bereich und hat dementsprechend auch ihre Unternehmenskultur auf die Mitarbeitenden und ihre Bedürfnisse ausgerichtet. «Der Mensch steht bei uns im Zentrum», betont Geschäftsführer Micha Somandin. «Jeder soll seinen Platz haben und sich entfalten können. Freude an der Arbeit und Leidenschaft für unser Handwerk sollen uns vorantreiben.»
Im Familienbetrieb wird Offenheit, Gemeinschaftlichkeit und ein familiärer Umgang gepflegt. Ebenso wird ein freies und autonomes Arbeiten gefördert und Freiräume für Kreativität geschaffen. «Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen eigene Entscheidungen treffen, selbstständig agieren und auch Ideen einbringen und sich so mit unserem Unternehmen identifizieren können», so Somandin. Das Gemeinschaftsgefühl wird stark gepflegt: «Wir sind davon überzeugt, dass die besten Erfolge im Team entstehen. Wir ziehe alle am selben Strick und versuchen so die bestmögliche Lösung zu finden. Der Austausch untereinander ist für uns alle eine Bereicherung.» Ebenso wird eine ehrliche und respektvolle Feedback-Kultur gelebt. «Wir werden nur so zur Einheit und können aus dem Vollen schöpfen», ist Somandin überzeugt.
Diverse Auszeichnungen
Dem engagierten Geschäftsführer und seinem Team liegt ganz besonderes das soziale Engagement am Herzen. Dabei ist im Unternehmen selbstverständlich die Wirtschaftlichkeit ein Ziel, aber nicht nur. «Soziale Integration und der Mensch sind wichtige Ecksteine in unserem Handeln», konkretisiert Somandin und doppelt nach: «Ich kann es jedem KMU empfehlen. Es macht unsere Mitarbeitenden stolz, dass sie bei der Baumann + Eggimann AG arbeiten. Viele sind schon länger als 15 Jahre bei uns und nicht mehr aus unserer KMU-Familie wegzudenken.»
Somandin besetzt zehn Prozent der Stellen – konkret sind das fünf Personen – mit Menschen, die besondere Unterstützung nötig haben. «Wir prüfen einmal mehr, ob jemand bei uns einen geeigneten Platz finden kann und versuchen so, leistungsschwächeren Menschen eine Chance zu geben.» Ein Beispiel dafür ist Aviel Lüthi. Die Baumann+ Eggimann AG bot ihm die Chance auf einen sanften Einstieg ins Berufsleben. Hier konnte er ab 2018 die zweijährige EBA-Lehre absolvieren, also das eidgenössische Berufsattest erlangen. Weil Aviel sich in der EBA-Lehre positiv entwickelte, konnte er die EFZ Lehre direkt anschliessen und wurde nach erfolgreichem Abschluss im Betrieb fest angestellt. «Heute ist Aviel eine Stütze und ein guter, pflichtbewusster Mitarbeiter. Wir hoffen, dass wir noch lange auf seine Unterstützung zählen dürfen.» Für den ehemaligen Chef Roland Baumann und Micha Somandin sind KMU nicht nur das Rückgrat unserer Wirtschaft, sondern auch unserer Gesellschaft. «Jeder von uns hat Stärken und Schwächen – bei gewissen Menschen sind diese offensichtlicher», stellt der Geschäftsführer fest und folgert: «Je besser wir mit unseren Stärken und Schwächen umgehen können, desto besser können wir einander verstehen, stützen und ergänzen. Wir möchten in diesem Sinne unsere Gesellschaft entlasten und unterstützen und als gutes Beispiel andere Firmen ermutigen, dies auch zu tun.» Die Schreinerei – die notabene keine geschützte Werkstätte ist – wurde für die Integration von Menschen mit Lernschwächen oder anderen Problemen schon mehrmals ausgezeichnet, unter anderem mit dem Berner Sozialstern.
CR