Frische, regionale Früchte boomen

    Der Schweizer Obstverband setzt sich für eine nachhaltige Obstwirtschaft ein. Dabei gilt es zahlreiche Herausforderungen wie die Corona-Krise, neu auftretende Schädlinge, die Klimaveränderung und vieles mehr, zu meistern. Auf politischer Ebene bekämpft der Verband vehement die beiden extremen Agrar-Initiativen.

    (Bild: zVg) Trotz Corona feine Erdbeeren aus der Region: Mit einer ausserordentlichen Kampagne unterstützt der Obstverband die rund 400 Produzentinnen und Produzenten.

    Obst ist gesund, zwei Portionen pro Tag sollten es mindestens sein. Herr und Frau Schweizer befolgen diese Regel – jetzt Corona bedingt mehr denn je. Sie essen jährlich rund 83 Kilogramm frisches Obst pro Kopf. Das Ernährungsverhalten bezüglich Beeren und Obst hat sich in den letzten Jahren gemäss SOV-Direktor Jimmy Mariéthoz verändert und wurde bewusster: «Wir beobachten eine Konsumsteigerung bei den Beeren. Bei Stein- und Kernobst ist der Konsum stabil. Beim Kaufentscheid spielt jedoch die Herkunft eine wichtigere Rolle. Regionale Früchte sind im Trend. Unser Ziel ist es, den Konsumanteil der einheimischen Früchte sowie den Konsum von Apfelsaft weiter zu steigern.» Mit geschütztem Anbau, Bewässerung, laufender Optimierung im Bereich Pflanzenschutz, modernen Sorten und laufender Entwicklung der Anbautechnik hat im Obstbau eine Professionalisierung stattgefunden. Das vergangene Jahr forderte die Obstproduzenten und -verarbeiter stark, insbesondere in der Agrarpolitik. «Eine grosse Hürde war für viele Produzenten das wechselhafte Wetter. Dies hatte Auswirkungen auf die Vermarktung und den Preis», so Mariéthoz. Für dieses Jahr rechnet er mit durchschnittlichen Erntemengen. «Die Entwicklung ist jedoch von der Witterung abhängig. Der professionelle Obstanbau ist mit Bewässerungssystemen und Schattierung auf einen heissen Sommer vorbereitet.»

    Innovation statt Verbote
    Die einheimischen Produzentenkämpfen allerdings immer mehr mit neu auftretenden Schädlingen. So verursacht die Marmorierte Baumwanze massive Schäden im Schweizer Obstbau. Diese belaufen sich für das Jahr 2019 auf über drei Millionen Franken. Der Bund hat temporär ein Pflanzenschutzmittel bewilligt, um gezielt gegen den Schädling vorgehen zu können. Ebenfalls laufen Pilotprojekte für den Einsatz eines natürlichen Feindes der Baumwanze. Neuerdings bedrohen auch der Blatthornkäfer, die Bananenschmierlaus sowie das Feuerbakterium (Xylella fastidiosa) die Obstkulturen in der Schweiz. «Im Wallis ist die Situation betreffend der Schmierlaus besorgniserregend, da dieser Schädling sehr schwer zu bekämpfen ist. «Wir untersuchen Lösungen, wie zum Beispiel der Einsatz von Parasitoiden.»

    (Bild: pixabay) Schweizer Beeren: Die süssen Früchte sind mitten in der Ernte.

    Das Thema Pflanzenschutz ist aktuell und ein oft präsentes Thema in den Medien. Auch der SOV setzt sich damit auseinander und bündelt seine langjährigen Erfahrungen in diesem Bereich noch intensiver. Als Mitglieder der IG Zukunft Pflanzenschutz teilt er die Vision einer noch nachhaltigeren Zukunft. Sie setzen dabei auf marktnahe Lösungen und auf Innovationen statt Verbote: «Wenn Produzentinnen und Produzenten Alternativen zu bestehenden Pflanzenschutzmitteln erhalten, reduzieren sie deren Einsatz automatisch. Dies bedingt einerseits Investitionen in die Forschung, andererseits aber auch die Schaffung von Anreizen, um an innovativen Projekten teilzunehmen.»

    Pfiffiger Support für die Erdbeerproduzenten
    Covid-19 hat die Branche hart getroffen. So litten oder leiden die Mostereien immer noch unter der Schliessung der Gastronomie und der Absage von Anlässen. Sie verzeichnen grosse Umsatzeinbussen. Ebenso war es schwierig Erntehelfer zu rekrutieren. Dazu Mariéthoz: «Die Einreise der Erntehelfer war erschwert und die Absatzkanäle mussten neue verteilt werden.» In Hinblick auf die kommende Ernte mussten die Obstproduzenten ihre Arbeitskräfte neu organisieren. Die Verarbeiter versuchen den fehlenden Absatz in der Gastronomie durch mehr Verkauf im Detailhandel oder mit Sparmassnahmen in der Verarbeitung zu kompensieren. Die Medaille hat mit dem guten Absatz von Frischobst im Detailhandel und in der Direktvermarktung aber auch eine positive Seite.

    Eine schwierige Ausgangslage hatten dieses Jahr die Beerenproduzenten. Deshalb lancierte der SOV eine ausserordentliche Kampagne zur Erdbeersaison. Im Mittelpunkt der Kampagne steht die Thurgauer Beerenproduzentin Melanie Knup. «Sie steht stellvertretend für die rund 400 Schweizer Erdbeerproduzentinnen und -Produzenten, die trotz erschwerten Bedingungen dafür gesorgt haben, dass wir ab sofort bis Oktober feldfrische Erdbeeren geniessen können», erklärt Mariéthoz. Die Kampagne wird von digitalen Werbemitteln begleitet. Ausserdem wird das Naturprodukt mit zahlreichen Velos in Basel auf nachhaltige Weise beworben – dies im Zusammenhang mit Working Bicycle. Mitte Juli wird ein neuer Spot zur Strauchbeeren-Saison folgen.

    Agrar-Initiativen bekämpfen
    Dem Verband liegt auch die Zukunft der Branche am Herzen, darum fungiert er als Drehscheibe zwischen Lernenden, Lehrbetrieben und Schulen und ist mitverantwortlich für den Inhalt und die Qualität der Ausbildungen. Er bietet auch praxisorientierte Weiterbildungen an. Angeboten werden die dreijährige Lehre zum Obstfachmann/-frau EFZ sowie die vierjährige Lehre Lebensmitteltechnologe/-login EFZ. «Dieses Jahr absolvieren fünf Lebensmitteltechnologen und 15 Obstfachleute ihre Ausbildung. Diese können sich dann via Meisterprüfung, Fachhochschule oder sogar ETH weiterbilden. Für unsere Branche ist es wichtig, dass wir künftig gut ausgebildete Fachkräfte haben», betont Mariéthoz.

    Ein grosses Anliegen auf politischer Ebene ist für den Verband, die guten Rahmenbedingungen für den einheimischen Obstbau beizubehalten. Wichtige Themen sind zurzeit die Agrarpolitik 2022+ (AP22+) sowie die parlamentarische Initiative zur Reduktion von Pestiziden. «Die Annahme der zwei extremen Agrar-Initiativen, über die im 2021 abgestimmt werden soll, hätten für den Obstbau schwerwiegende Konsequenzen. Wir setzen uns vehement für eine Ablehnung der beiden Initiativen ein», so Mariéthoz. Und er doppelt nach: «Mit hohen Auflagen und Verboten würde bis auf einige Nischen die ganze Wertschöpfungskette ins Ausland verlagert.» Dazu engagiert sich der Obstverband auf drei Ebenen: Eine kompetente Medienarbeit, die Unterstützung der nationalen Kampagne des Schweizer Bauernverbands sowie die Sensibilisierung der Bevölkerung mittels der Plattform IG Zukunft Pflanzenschutz. «Im Bereich Pflanzenschutz wird wohl bald auch die Digitalisierung neue Möglichkeiten bieten», ist Mariéthoz überzeugt.

    www.swissfruit.ch
    www.zukunft-pflanzenschutz.ch

    Corinne Remund


    DAS MACHT DER OBSTVERBAND

    Obstbranche optimal vernetzen

    50 Händler und Genossenschaften gründeten 1911 den Verband Schweizerischer Obsthandelsfirmen. Dies aus dem Bedürfnis heraus, mit einem Verband, gemeinsam die Interessen der Mostereien, Obstgenossenschaften und Handelsfirmen zu vertreten. 1915 zählte der Verband bereits 250 Mitglieder. Ende der 1920er Jahre traten auch die Produzenten dem Verband bei. Der Branchenverband der Schweizer Obstproduzenten und -verarbeiter setzt sich für die Interessen der Obstbranche ein. Ziel des nationalen Berufsverbandes sind gute Rahmenbedingungen für die Produktion und die Verarbeitung. Der Schweizer Obstverband SOV vertritt die Interessen der fast 11 000 Akteure der Obstbranche gegenüber Behörden, weiteren Berufsverbänden und der Öffentlichkeit. Zu den Dienstleistungen gehören neben der Interessensvertretung die Marktbegleitung, Schaffung von Branchenstandards und Labels, die Absatzförderung sowie die Aus- und Weiterbildung. Der SOV vertritt bei Behörden und Ämter seine politischen Anliegen. Er ist gut vernetzt und pflegt einen regen Austausch mit anderen Verbänden, Organisationen und Institutionen.

    Der SVO verfügen über fast 11’000 Mitglieder, die überwiegende Mehrheit ist in der Produktion tätig, 57 sind Mostereien und 61 Obstverarbeiter. Es sind ausschliesslich KMU. Die Branche generiert jährlich im Frischeobst rund 350 bis 400 Millionen Franken und im Mostobst zwischen 40 und 50 Millionen Franken. Der Obstbau ist sehr zeitintensiv – denn mehr als 50 Prozent der Produktionskosten werden für die Arbeitskräfte ausgegeben. So sind im Sommer zu den rund 10’000 Betriebsleiter zusätzlich rund 15’000 Hilfskräfte in der Branche beschäftigt.

    CR

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